Rückblick auf die Chiemsee-Meisterschaft 2021

(von Konrad Bauersachs) Vor den Regattaberichten kommt natürlich mein (und das aller Segler) Lieblingsthema Wind:
Mit dem 27.1.2022 beginnt das Chinesische Jahr des Hundes unter dem Einfluss des Elements Wasser. Was­ser wäre zum Segeln schon mal recht, Hund ginge auch: Ein Segelschiff von einem oder mehreren schwim­menden Hunden gezogen (siehe Huskys der Polarforscher), kommt allemal schneller vorwärts als ein Segel­boot bei gut der Hälfte der windlosen Chiemsee-Meisterschafts-Regatten 2021. Da gäbe es natürlich jede Men­ge Yardstickzoff und Proteste: wie viele Hunde welcher Größe dürfen bei welchen Booten welcher Segelgröße und Gewicht vorgespannt werden. Müssen sie Schwimmwesten tragen? Wie viel Auftrieb ist nötig? Die vergangene Saison müsste als chinesisches „Jahr der Flaute“ in die Chiemsee-Meisterschaft-Geschichte eingehen.
Zu Flaute und Wind haben Segler, zumal Regattasegler, bekanntlich ein ambivalentes Verhältnis. Segler sind, wenn sie nicht gerade „RAUUUM“ brüllen, ein gar lustiges Völkchen, stets ein fröhliches Lied (oans, zwoa …) auf den Lippen, ohne aber zu wissen, dass es zahlreiche Volksweisen gibt, die für jede (Regatta)situation ein passendes Verslein zum Thema Wind anbieten. Flaute existiert in Volksliedern ebenso, wird aber anders be­zeichnet – s.u. Endlich mal ein Anlass für Segler, deutsches Liedgut zu durchforsten und sich damit auch kul­turell auseinanderzusetzen. Hier eröffnen sich den Vereinen ungeahnte Möglichkeiten, neue Mitglieder zu ge­winnen: Taktik- und Psychotrainern werden künftig Chordirigenten zur Seite gestellt, die flauten geplagten Seglern das Kanon singen auf dem Wasser beibringen. So wird aus einer simplen Regatta ein Kulturdenkmal. Die verwendbaren Texte sind mehr (den segelnden ehemaligen Pfadis und jugendbewegten) oder weniger (allen anderen) vertraut:
Mit manchem der bekannten Lieder wie
…wenn der Sturmwind sein Lied singt, dann winkt mir der großen Freiheit Glück …
mag sich nicht jeder inhaltlich anfreunden. (Sturmwind gab‘s zuletzt 2019 beim SCPC mit Mastbruch usw.) In diesem Jahr war -wieder beim SCPC- feiner Segelwind im Angebot
… ein frischer Wind weht uns geschwind in blaue, unbegrenzte Weiten …
Nun hat der Chiemsee bekanntlich durchaus Grenzen, für Jollensegler jedoch und alle, die beim Segeln mit dem Hintern fast im Wasser sitzen, sind die Ufer schon mal seeeehr weit weg, weil unterm Horizont. Die ande­ren Vereine vom Westufer wurden in diesem Jahr von Rasmus teils wohlwollend mit Wind bedacht (CYC), teils entzog er seine Gunst eigensinnig auf halber Strecke (YCU)
… Günstig sind Wetter und Wind und das Schifflein segelt geschwind ….
Fast noch zum Westufer kann man Breitbrunn rechnen. Hier spielte Rasmus Tratzball mit den Seglern: Mal bisserl Wind hier, mal dort und auch wieder gar nicht. Die WL des SCBC machte dem mit einer ersehnten Bahnabkürzung ein Ende. Auch beim SCCF hatte Rasmus miese Laune: Wind von hier und von da und immer weniger, typisch Chiemsee eben; wenigstens erreichten die meisten Teilnehmer das Ziel:
…Kein Wind ist demjenigen günstig, der nicht weiß, wohin er segeln will … (ursprünglich wohl Seneca)
Am Abend warf Rasmus dann, von der Dauerkritik angefressen, die Windmaschine an und lehrte die Heim­segelnden eine Stunde lang das Fürchten: Mit 53 kts in der Spitze auf einer Basis von 31 Knoten zeigte er, was er drauf hat. Warum verteilt der Dussel diesen Wind nicht auf vier Stunden zwischen Start und Zielein­lauf- wäre doch herrlich gewesen.
Auch beim WVF wurde gesegelt, die obligatorische Chiemsee-Meisterschafts-Regattabahnabkürzung machte den psychischen und physischen Seglerleiden ein Ende:
… Kein Wind im Segel, die See liegt still (aus: Der Goldrausch) …
Beim SRV erreichten immerhin neun Teilnehmer noch innerhalb des Zeitlimits das Ziel.
… Still und starr ruht der See …
Bei diesem Lied, das wohl in 2022 häufig erklingen wird, dürften alle Segler textsicher sein und mitsingen. Zuhörer an Land (Wasser trägt „Geräusche“ weit) werden denken „Ist denn schon Weihnachten“, verwirrt ihre Smartphones zücken und hektisch ihre Weihnachtsgeschenke bestellen.
Genug gewindet! Hier kommen ordentlich aufgereiht und kurzgefasst die Chiemsee-Meisterschafts-Regatten.
Chiemsee Rund des YCU:
Nach gefühlt ewigen Zeiten – unterbrochen vom Breitbrunner 3-Buchten-Törn in 2020 – war es am 19. Juni 2021 endlich wieder soweit: Trotz C. erlaubten uns König Maggus I. und weitere Experten das kontaktlose Re­gattasegeln; unter den allseits bekannten Hygieneauflagen, versteht sich.
Punkt 11:00 schickte die WL ein beachtliches Feld von 56 Booten auf die Reise: Wer‘s nicht weiß: An diesem Samstag war bei der Fußball EM Deutschlands Schicksalstag, sonst wären es wohl einige Boote mehr gewesen. Es ging gegen Portugal. „Wir“ haben 4:2 gegen Ronaldo&Co gewonnen. Eh kloar.
Der Kurs nach Feldwies war bis auf einige kleine Dreher ein Anlieger unter Spi, unter Gennaker war‘s der Dreher wegen bisserl tricky. Einzig der hitzegeschädigte Zentralrechner des Autors assoziierte „CYC in Luv“ mit „CYC Blaues Band“ und machte sich auf die vergebliche Suche nach einer Boje vor dem Rasthaus. Als der Groschen fiel änderte ich meine Taktik und kontrollierte bis zum DNF erfolgreich das Feld von hinten.
Feldwies also: Als erste rundeten die großen Spis und Gennaker die Boje 1 und kamen auf dem Weg zur Boje 2 vor Gstadt noch gut voran. Je später man die Boje 1 rundete, desto mühsamer bis schließlich unmöglich war das Fortkommen. Für mich hieß das so um 12:30 Lümmelposition einnehmen, bequem sitzen auf der Schwimmweste, in der einen Hand die Trinkflasche, die andere an der Pinne, um keinen Lufthauch zu verpas­sen. Der verbliebenen Konkurrenz in der Nähe ging‘s nicht anders. Und die Hitze! Mein innerer Schweine­hund meldete sich und meinte: Biste blöd? Fahr heim! Meine Sportlerseele hielt dagegen: Ich hatte noch nie ein DNF, nur weil ich keine Lust mehr zum Weitermachen hatte. (übrigens, der Hund hat gewonnen)
Seit dem Start waren mittlerweile 1 ½ Stunden vergangen, die ersten Einrumpfer passierten die Fraueninsel, eine Stunde später folgte eine Gruppe aus 20 Booten. Direkt am Ufer ist bei dem Wetter immer mit einem Windhauch zu rechnen und irgendwie haben dann doch die meisten das Ziel erreicht. Bei den DNF-Booten hat die Vernunft über den Ehrgeiz gesiegt. :-)

Blaues Band des CYC:
Leider schaffen es die Vereine aus bekannten Gründen nicht, Dauerwind für die komplette Regatta zu ge­währleisten. Im richtigen Leben versprachen vor dem Start flauschige Wölkchen an und über den Bergen, dazu ein blauer Hochdruckhimmel mit Federwolken ein ungetrübtes Segelvergnügen mit dauerhaften Wind irgendwo aus nordöstlichen Richtungen. So der Meteorologe in mir und auch bei Windfinder und Kachelmann. Alle drei sollten Recht behalten:
Nach dem Start vor der CYC-Klubanlage ging‘s zur Ablauftonne vor den Rasthaus. Nach viel Raumgeschrei und Geschimpfe (auch innerhalb der Mannschaften) an der Boje war der lange Weg nach Feldwies frei. Doch
Rasmus hat was gegen Anliegekurse, das wäre auch zu einfach gewesen. Immer wieder Holeschläge einschie­ben bis zur vermeintlichen Anliegelinie, dann kommt ein Ätschibätschi von Rasmus:
Der Wind dreht hoch und ein weiterer Holeschlag wird nötig. Irgendwann haben trotzdem alle die Tonne 1 geschafft und machten sich auf den langen Weg nach Seebruck, auch ein Fast-Anlieger. Details dazu siehe oben. Immer die quälende Entscheidung: Um jeden Preis Höhe laufen oder Tempo machen und laufen lassen.
Nach zwei Regattatagen darf man die Ergebnisse des Blauen Bands noch nicht überbewerten: Allerdings fin­den sich die „üblichen Verdächtigen“ wieder ganz vorne, wo sie immer zu finden sind. Weit nach vorne segelte Schmid Hinz mit Agathon, neuerdings auf einer Soling.

Hafentrophy des SRV
Schon vor dem Start gab es eine Herausforderung: Erreiche ich die Startlinie rechtzeitig oder überhaupt? Der Wind kam mal von da, dann von dort und auch noch von ganz anderswo, oder auch gar nicht, gelegentlich gleichzeitig innerhalb von 100 Metern von BB und StB. Starke Dreher machten speziell den schwereren Booten zu schaffen, die nicht so leicht wenden und wieder zurückwenden können. Und dann gibt‘s auch noch die un­berechenbare und unsichtbare Strömung quer durch den See von der Achenmündung nach Norden bis See­bruck und zur Alz, die gnadenlos alles mit sich reißt und jede taktische Raffinesse verhindert. Also genug Zeit, nebenbei ein paar Fotos zu schießen von Booten, die pfeilschnell übers Wasser gleiten und packenden Positi­onskämpfen an Boje 1 und all so was.
Webcam SRV
Nach etwa 4 ½ Stunden „Segelzeit“ schaffte ich es, die Tonne 1 vor Feldwies zu runden und stand nach ei­nem wenig ermutigendem Blick über den windlos-spiegelglatten Weitsee vor der Wahl: Weiterleiden in der Hitze, immer mit Blick auf das unerreichbare Regattaende um 17:00 Uhr oder zurück in den Kühlung verhei­ßenden Hafen? An der Tonne 1 hatte sich bei einem MoBo ein Minischlepp nach Seebruck zusammengefun­den, dem ich mich spontan anschloss. Pünktlich zum offiziellen Regattaende lag mein Boot auf dem Trailer. Unterwegs traf ich auf das Sturmboot des SRV, umfunktioniert zur schwimmenden Verpflegungsstation, voll­gepackt mit kühlen Getränken, Brezen und der Hafentrophy-Erinnerungstasse. Gute Idee und gerne genom­men!
Trotz der schwierigen Bedingungen haben am Ende neun Teilnehmer (darunter die „üblichen Verdächti­gen“) die Ziellinie innerhalb des Zeitlimits überquert. RESPEKT! Zehn Teilnehmer haben verständlicherweise das Handtuch geworfen und sind mit einem DNF heimgesegelt (hoppla, getuckert)
Die ersten drei Plätze gingen bei diesen Windverhältnissen klar an die Kats. Robert Egner (SRS) auf Foiler FF war der Gewinner des Blauen Bands (schnellstes Boot nach gesegelter Zeit), Daxenberger (SCBC) mit der Maxi schaffte es auf Platz vier, gefolgt von Sebastian Seeberger (SRV) auf Joker, dem Gewinner der Hafentro­phy (für das nach berechneter Zeit erste Kiel- oder Kajütboot mit Heimathafen Seebruck): Den Dieter-Wicht-
Preis (für das zweite Kiel- oder Kajütboot- mit Heimathafen Seebruck nach berechneter Zeit) gewann Klaus Skiebe (YCG) auf Argo 680.
Sommerregatta des SCPC
Zum Start schickte Rasmus einen flotten 3-er Wind, gerade schön für die Gennakerstrecke bis zur ersten Boje, danach ging‘s hoch am zunehmenden Wind von 4+ bft in Richtung Feldwies-Achenmündung; Dreher von NO auf ONO und zurück nach NO sorgten immer wieder für die Gewissensfrage Abfallen oder Wenden oder Kneifen. Nach dem Runden der Boje 2 war der Kurs zur Fraueninsel (jedenfalls für mich) bei Halbwind > 4 bft und einer kleinen Welle aus NO eher Genuss- als Regattasegeln.
©Terra HD
Nach Runden der Fraueninsel ging‘s bei etwas nachlassendem Wind (ein 3er etwa – wir waren ja sehr ver­wöhnt bis dahin) auf Spi-Kurs an der Langen Seichten vorbei Richtung Süden bzw zur Halbinsel der Nacker­ten (ohne Aufenthalt dort – die vom SCPC gönnen den Seglern auch gar nichts), An der Boje 3 wurden wir ge­radeaus nach Westen die Herreninsel entlang geschickt, von da ein direkter Anlieger zur letzten Boje, noch eine 180° Drehung drumherum und dann ab ins Ziel. Im Zielgebiet war vor der letzten Tonne ein Regatta- oder Trainingskurs für Optis ausgelegt, also durften die CM-ler zeitweise auf den letzten Metern zwischen Opti-Bo­jen und Optis Slalom segeln. Na ja.
Für die Kats waren die Bedingungen beim SCPC optimal, sechs der sieben vordersten Plätze gingen an sie: Als Erster erreichte (nach gesegelter Zeit) Robert Egner schon nach 1:23:17 das Ziel, nach berechneter Zeit la­gen die ersten vier Kats nur drei Minuten auseinander!
Den totalen Triumph der Kats verhinderte Peter Wernsdörfer mit seiner 20m² Rennjolle auf Platz sechs mit der berechneten Zeit von 2:02:27 noch vor dem letzten Kat! Das ist doch eine Ansage für Spannung bei den kommenden Läufen!
Bei den Monohulls sind nach berechneter Zeit auch wieder die üblichen Verdächtigen unter sich: Eisheuer (Skippi 650 Race) vor Wernsdörfer (20m² Rennjolle) und Daxenberger (Maxi). Neu in der Spitzengruppe ist Bornikoel (X1 Dinghy). Bis Platz 30 geht‘s in der Gesamtwertung recht eng zu, danach finden wir häufiger DNFs und DNCs, die typischen Streichergebnisse der Schlusswertung also. Nach der Feldwieser Langstrecke wird der Chiemseemeister 2021 zwar noch nicht feststehen, aber der Kreis der Aspiranten wird deutlich über­sichtlicher werden. Spannende Sache!

Feldwieser Langstrecke des SCCF
Zuverlässige Windvorhersagen waren schon im Bericht zur Sommerregatta des SCPC ein Thema; damals ge­lobten Jörg und Windfinder Besserung und daran haben sie sich tatsächlich gehalten. Lehrten sie uns noch vor 14 Tagen mit vorhergesagten 15 – 17 kts für den Regattatag das Fürchten, wurden es Tag für Tag weniger, schließlich waren es beim Start nur noch 6 kts in Böen.
© Davor von Winterfeld
Bei einem späteren Start um 18:00 Uhr wären allerdings zu den schlechten Sichtverhältnissen durch Stark­regen auch noch Böen von 55 kts gekommen – eher ungemütliche Segelbedingungen, aber herrliche Wellen zum Abreiten.
Punkt 11:00 Uhr schickte die Wettfahrtleitung bei strahlend blauem Himmel 89 Boote (Rekordteilnahme !) auf den roten Kurs gegen den Uhrzeigersinn. Der grüne Kurs wäre segeltechnisch ohne Herausforderungen ge­wesen, nur Spi bzw Gennaker- und Halbwindkurs: Das hätte bedeutet, nur einmal vor Seebruck Halsen, Schif­ten oder Wenden – das wäre aber zu einfach. So gingen die Kats und Libera & Co als erste auf den Kreuzkurs, sie und die Verfolger mussten mit einigen tückischen Drehern zurechtkommen und ungeplante Holeschläge einbauen. Die Chieminger Bucht machte mit einigen Böen Hoffnung auf etwas mehr Wind, war aber nix.
Ab Tonne 1 spielten bis zur Fraueninsel die Gleiter und die Boote mit den großen Gen und Spi auf Raum­schot- bis Vorwindkurs ihren Vorteil aus: In der Gesamtwertung finden sich nur eine Handvoll Boote mit ei­nem YS > 100 auf den vorderen Plätzen; wirklich positive Ausreißer sind Hannes Bandtlow (SRV) mit Lady Luv, einem 5,5 m Klassiker (YS 106) auf Platz 11 in der Gesamtwertung und Arndt Brendecke (SCCF) mit Cometino (YS 111) auf Platz 26 . Die ersten Kats passierten die Insel gegen 12:35, dicht gefolgt von einem der „Hauptverdächtigen“, Peter Wernsdörfer, auf seiner 20er Rennjolle.
Der abschließende Anliegerkurs war kein Problem, vor der Ziellinie musste noch die letzte Tonne gerundet werden. Allerdings, wie könnte es am Chiemsee anders sein, war der Wind aus Osten schon auf dem Weg ins Wochenende und bereitete manchem Segler einen mühsamen Zieleinlauf:
Letztlich erreichten aber alle, na ja, fast alle, rechtzeitig die Ziellinie: Ein Teilnehmer hatte wohl in Erwar­tung oder in der Hoffnung auf Windfinders Starkwindvorhersagen zusätzlichen Ballast in Form von mehreren Tragerln Bier gebunkert, ohne an den veränderten Tiefgang zu denken, an den er beim zu knappen Passieren der Insel mit einem knirschenden Geräusch schmerzhaft erinnert worden ist. Ende der Regatta also, verbunden mit der „unangenehmen“ Pflicht, den „Ballast“ umweltgerecht zu entsorgen.
Weitseerennerts des WVF
Same procedure as every year …: Schlepp vom Heimathafen diesmal direkt ins Startgebiet; der Umweg übers WVF-Klubhaus zum Seglerfrühstück und zur Steuermannbesprechung muss ja leider ausfallen. Dafür waren alle 64 Boote trotz noch-nicht-Flaute rechtzeitig an der Startlinie.
Punkt 11:00 schickte die Wettfahrtleitung die Teilnehmer bei einem zarten Ostwind auf den Kurs zur Luvbo­je, allgemeine Richtung Ising. Die Schnellstarter durften kurz zeigen, dass sie auch kreuzen können, nach ei­nem 20° – Lift nach links (Nord) wurde aus dem geplanten Up- and Down – Kurs für die meisten Teilnehmer ein Anlieger ohne die seglerischen Herausforderungen des geplanten Kurses. Keine reizvollen Begegnungen zwischen aufkreuzenden und den schnelleren Booten auf dem Vorwindkurs zur Leetonne, Verkehr wie auf der Autobahn auf zwei Richtungsfahrbahnen. Die Kats und Rennziegen gingen bei diesen Bedingungen als erste über die Ziellinie, unter den ersten zehn Booten waren (mit YS 100 plus) Daxenbergers MAXI, diesmal offen­bar ohne flüssigen Zusatzballast leichtfüßig unterwegs und Max Fröhlich auf seiner Tempest.
© WVF Fraueninsel
Für die langsameren Boote hieß es derweil ohne Fahrt durchs Wasser die Leetonne runden und zur Luvtonne hochzustehen. Nach dem zweiten Schenkel wurde aus dem zarten Wind ein noch zarterer Hauch und die WL gönnte den Teilnehmern nach dem dritten Schenkel die ersehnte Bahnabkürzung an der Luvtonne.
Kein Wind, dafür schön warm. Hatten wir das in diesem Jahr nicht schon einmal, zweimal … Drei Skipper waren vernünftig genug und haben das Handtuch geworfen, andere haben zwischendurch einen erfrischenden kurzen Badeurlaub gemacht und brauchten danach ihr Handtuch. Das konnten sich die Top-Platzierten nicht leisten, zu eng liegen die Titelanwärter beinander. Ich selber habe zuletzt mit meinen Prognosen einmal sauber danemdappt: Ich habe übersehen, dass Robert Egner einen Streicher von 50 Punkten hatte und jetzt auf Platz 2 der Gesamtwertung liegt. Entschuldigung! Aber wenn ich mich nicht erneut verrechnet habe, steht der neue Chiemseemeister 2021 schon fest.
Für Eisheuer & Team ist die Sache klar: Er hat noch ein Streichergebnis frei – das wäre die Wertung des 3-Buchten-Törns. Holt er da -was wahrscheinlich ist- wieder einen ersten Platz, hat er das Luxusproblem, einen Platz 1 streichen zu müssen. Und auch mit einem DNF oder DNC oder DSQ ist er der Chiemseemeister 2021 und kann es sich „da oben“ recht gemütlich machen. Weniger als 5,2 Punkte geht eben nicht. Es sei denn, er bekäme vom Schiedsgericht eine „nicht streichbare Strafe“ (DNE) – eher sehr unwahrscheinlich.
Für die weiteren Platzierungen beginnt jetzt das Jonglieren mit „wenn“ und „dann“: Wer erreicht beim 3-BT welchen Platz und vieviele Punkte kann er noch streíchen, um auf welchen Platz der Gesamtwertung zu kom­men? Überraschungen sind garantiert! Da braucht man schon einen Quantenrechner, ein Abakus reicht da nicht mehr. Von Platz fünf bis Platz zehn etwa kann sich noch einiges verschieben.
Wer also noch einen Platz unter den ersten zehn erreichen will, muss sich in Breitbrunn ranhalten! Und natürlich auch rechtzeitig melden!

Der Drei-Buchten-Törn des SCBC
Nach dem Weitseerennerts des WVF war die Chiemseemeisterschaft 2021 eigentlich schon gelaufen, der Chiemseemeister Frank Eisheuer (mit Skippi) stand bereits uneinholbar fest auf dem Podest und musste als schlechteste Ergebnisse sogar einen zweiten und dritten Platz streichen – welch Luxusproblem; die meisten Teilnehmer wären froh über einen zweiten oder dritten Platz. Trotzdem waren 73 Boote gestartet, die den Kampf um die Plätze zwei und drei spannend machen wollten; gesucht wurden ja noch die zwei Kandidaten fürs Treppchen. Robert Egner und Peter Wernsdörfer schienen für Platz 2 und 3 gesetzt, da schiebt sich am Ende überraschend Ottenjann (J 80 – Team 1493) mit 55 Streichpunkten an Daxenberger (Platz 5) und Wernsdörfer (Platz 4) vorbei auf den dritten Platz hinter Robert Egner. Mit einem ersten Platz beim 3-Buchten-Törn hätte Wernsdörfer sogar noch den zweiten Platz in der Gesamtwertung erreichen können. Das zeigt, wie knapp es in diesem Jahr bei der Chiemseemeisterschaft zuging: Den ersten Platz trennten vom fünften Platz der Gesamtwertung gerade mal 2 Punkte.
Für weitere Hätte–Wenn–Gedankenspiele findet ihr die vollständige Tabelle aller sieben Wettfahrten unter chiemsee-meisterschaft.de/ergebnisse/, letztere wie immer auch diesmal schnell und zuverlässig zusam­mengestellt von Agathon König. Vielen Dank dafür!
Eng mit der Gesamtwertung hängt natürlich mein Lieblingsthema „Wind“ zusammen. Richtig Windglück hatte in diesem Jahr der SCPC gefolgt vom CYC, gar kein Glück (oder keinen Wind) hatte der SRV bei der Hafentrophy. Dazwischen blies es bei den anderen Vereinen auf niedrigem Niveau mal up, mal down, vorwie­gend down und auch der SCBC hatte dieses Jahr nicht das Windglück des Vorjahres: Damals wurde nach dem Runden der Boje 1 aus einen sanften Lüfterl ein flotter Dreier, der den Teilnehmern zügig über den ganzen Kurs half.
Ganz anders in diesem Jahr: Dunkle Wolken beim Start ließen Hoffnung auf passablen Wind aufkommen, doch schon die Strecke bis zum Gate zwischen Frauen- und Krautinsel war geprägt von ständigen Winddre­hern, Flautenlöchern und natürlich überraschenden Positionswechseln. Regattafoto © SCBC Breitbrunn
Der Weg zur Boje 1 hatte was von Kurswahl-Roulette: Die Führenden zogen nach dem Runden ihre Riesen – Spi- und Gennaker und waren auf und davon, die weniger groß betuchten verteilten sich flächig zwischen Fraueninsel und Boje, kamen dann aber doch wieder zusammen und machten sich auf den zunehmend mühsa­mer werdenden Weg die Herreninsel entlang. Nach der Boje 1 wurde aus einem fast Halbwindkurs Richtung Westen erst ein Raum- und dann ein Vorwindkurs, wobei die schlaff hängenden Spis und Gennaker der Bezeichnung „Vorwind“ oder „Wind“ überhaupt Hohn sprachen. Erst auf halber Strecke zur SW-Ecke der Herreninsel kam tatsächlich ein Windhauch auf.
Gut für die Spi-Segler, weil exakt von hinten, schlecht für die Gennaker-Segler, die entweder weiter mit hän­gendem Gen vorwärts standen oder sich unter vollem Gen auf den weiten Umweg Richtung Autobahn und Rasthaus machen mussten, derweil die Boote unter Spi davonzogen. Große Freude dann an der Boje 2: Bahn­abkürzung und Zieleinlauf, noch größere Freude über das Proviantpackerl, mit dem beim Heimwärtsschlepp nach Seebruck die Regatta einen versöhnlichen Ausklang fand. Sechs Teilnehmer haben vorzeitig das Hand­tuch geworfen (DNF), einer hat sich rechtzeitig den „Wind“ angeschaut und ist dann gar nicht erst gestartet (DNS).
Einer der wenigen Teilnehmer, die ohne fremde Hilfe auf eigenem Kiel bzw Schwert nach Hause kamen, war Stephan Lindner auf seiner 10m² Rennjolle