Chiemsee Rund 2021 (YCU) – eine heiße Sache

(Konrad Bauersachs) Nach gefühlt ewigen Zeiten – unterbrochen vom Breitbrunner 3-Buchten- Törn in 2020 – war es am 19. Juni wieder soweit: Trotz C. erlaubten uns König Maggus I. und weitere Experten das kontaktlose Regattasegeln; unter den allseits bekannten Hygieneauflagen, versteht sich.
Monatelanges Info-Chaos, Home-Office und Home-Schooling mit Wechselunterricht haben, wie es sich im Vorfeld der Regatta und am Samstag zeigte, am Ende auch bei den Seglern tiefe Spuren hinterlassen: Während Grundschüler alle Vierteljahre mit Schreiben- und Lesenlernen bei null beginnen mussten und auch das Einmaleins schnell wieder vergessen war, behielten Segler ihre Lesekompetenz.
Vereinzelt war bei Seglern (wegen Impfschäden oder durchgemachter Infektion ??) eine dramatische Abnahme der Aufmerksamkeitsspanne zu verzeichnen: Die Ausschreibungen sind viel zu umfangreich, wenn man am Ende anlangt, ist der Anfang schon wieder vergessen. Coronagerechte Details wie kontaktlose Online-Meldung und Online-Zahlung und die Terminvorgaben dazu schaffen es kaum ins Kurzzeitgedächtnis. Dass auch banale Vorgaben (Setzen von Spi und Gen sowie Ausfahren der Rüssel ist vor dem Start verboten) ein DSQ zur Folge haben, mussten einige Teilnehmer in diesem Jahr schmerzhaft erfahren. Diese Regelung (Segelanweisung Punkt 11) gilt übrigens schon seit 2019 !
Ausbaden sollen es dann die jeweiligen Vereine, die ihre Hygienekonzepte melden müssen und deshalb grundsätzlich – und das zu Recht – ohne Ausnahme Nachmeldungen auf den letzten Drücker am Regattatag und Barzahlung der Gebühr ablehnen.
Fürs Langzeitgedächtnis: Und das wird bei der Chiemsee Meisterschaft dauerhaft so gehandhabt werden!
Was lernen wir daraus: Machen wir es den Vereinen und deren im Hintergrund schaffenden Mitgliedern nicht unnötig schwer. Wer nicht rechtzeitig meldet und zahlt kann zwar mitsegeln, wird aber nicht gewertet. Für solche Fehler ist der Teilnehmer ausschließlich selbst verantwortlich. Und dann gibt es noch den eher seltenen Fall, dass ein potentieller Mitsegler keinen PC o.ä. zur Verfügung hat. Segler sind üblicherweise gut vernetzt, ein Kollege, vielleicht sogar ein Konkurrent, kann hier -wenn gewünscht- hilfreich eingreifen.

Da war doch noch was: Ach ja, wir wollten auch noch segeln; vorher mussten wir von Seebruck nach Prien geschleppt werden. Ein herrlicher Segeltag schien sich anzubahnen: Ein WSW mit 3 bft aus blauem Himmel wehte uns entgegen, eine schöne Welle mit vereinzelten Schaumkrönchen sorgte für ausgiebige Duscher und Abkühlung. (die hätten wir gerne später gehabt) Im Startgebiet zeigte sich, dass sich der SSW kräftemäßig übernommen hat und erschöpft an seinen Kollegen W abgeben musste, der aber am Vorabend zu viel Fußball geguckt haben muss; dementsprechend ließ seine Standfestigkeit halbstündlich messbar nach.
Punkt 11:00 schickte die WL ein beachtliches Feld von 56 Booten auf die Reise: Wer‘s nicht weiß: Am Samstag war bei der Fußball EM Deutschlands Schicksalstag, sonst wären es wohl einige Boote mehr gewesen. Es ging gegen Portugal. „Wir“ haben 4:2 gegen Ronaldo & Co gewonnen. Eh kloar.
Der Kurs nach Feldwies war bis auf einige kleine Dreher ein Anlieger unter Spi, unter Gennaker war‘s der Dreher wegen bisserl tricky. Einzig der hitzegeschädigte Zentralrechner des Autors assoziierte „CYC in Luv“ mit „CYC Blaues Band“ und machte sich auf die vergebliche Suche nach einer Boje vor dem Rasthaus (siehe Thema Segelanweisung). Als der Groschen fiel, änderte ich meine Taktik und kontrollierte bis zum DNF erfolgreich das Feld von hinten.
Feldwies also: Als erste rundeten die großen Spis und Gennaker die Boje 1 und kamen auf dem Weg zur Boje 2 vor Gstadt noch gut voran. Je später man die Boje 1 rundete, desto mühsamer bis schließlich unmöglich war das Fortkommen. Für mich hieß das so um 12:30 Lümmelposition einnehmen, bequem sitzen auf der Schwimmweste, in der einen Hand die Trinkflasche, die andere an der Pinne, um keinen Lufthauch zu verpassen. Der verbliebenen Konkurrenz in der Nähe ging‘s nicht anders. Und die Hitze: Die Zwiebeltürme der Fraueninsel (hoppla Fata Morgana – ist ja nur einer) wurden zu riesengroßem Tüteneis, die weißen Segel allüberall zu kühlungsspendeten Eisbergen. Mein innerer Schweinehund meldete sich und meinte: Biste blöd? Fahr heim! Meine Sportlerseele hielt dagegen: Ich hatte noch nie ein DNF, nur weil ich keine Lust mehr zum Weitermachen hatte. (übrigens, der Hund hat gewonnen)
Seit dem Start waren mittlerweile 1 ½ Stunden vergangen, die ersten Einrümpfer passierten die Fraueninsel, eine Stunde später folgte eine Gruppe aus 20 Booten. Direkt am Ufer ist bei dem Wetter immer mit einem Windhauch zu rechnen und irgendwie haben dann doch die meisten das Ziel erreicht. Bei den DNF-Booten hat die Vernunft über den Ehrgeiz gesiegt. :-)
In einer Woche startet mit dem Blauen Band beim CYC die zweite Regatta zur Chiemsee Meisterschaft. Die Langzeitprognose (Windfinder) sagt frostige Temperaturen um die 23° und 4 – 5 Knoten Wind voraus. Mit beidem könnten wir Segler gut leben.