Segelspaß oder Sonnenbrand beim Blauen Band

(von Konrad Bauersachs)
Sonnenbrand mit Exsikkose oder Segelspaß bis zum Zieleinlauf – leider schaffen es die Vereine aus bekannten Gründen nicht, Dauerwind für die komplette Regatta zu gewährleisten. Eine Gegenmaßnahme könnte der Einsatz einiger Triebwerke der ausrangierten A 300 sein; so wäre zumindest für ausreichenden Wind beim Start gesorgt – Hauptsache, die Boote sind unterwegs. Soweit die Theorie.
Im richtigen Leben versprachen am vergangenen Samstag vor dem Start flauschige Wölkchen an und über den Bergen, dazu ein blauer Hochdruckhimmel mit Federwolken ein ungetrübtes Segelvergnügen mit dauerhaftem Wind irgendwo aus nordöstlichen Richtungen. So der Meteorologe in mir und auch bei Windfinder und Kachelmann. Alle drei sollten Recht behalten:
Nach dem Start vor der CYC-Clubanlage ging‘s zur Ablauftonne vor den Rasthaus – diesmal habe ich sie doch tatsächlich gefunden und gerundet! Nach viel Raumgeschrei und Geschimpfe (auch innerhalb der Mannschaften) an der Boje war der lange Weg nach Feldwies frei. Doch Rasmus hat was gegen Anliege Kurse, das wäre auch zu einfach gewesen. Immer wieder Holeschläge einschieben bis zur vermeintlichen Anliege Linie, dann kommt ein Ätschibätschi von Rasmus:
Der Wind dreht hoch und ein weiterer Holeschlag wird nötig. Irgendwann haben trotzdem alle die Tonne 2 geschafft und machten sich auf den langen Weg nach Seebruck, auch ein Fast-Anlieger. Details dazu siehe oben.
Immer die quälende Entscheidung:
Um jeden Preis Höhe laufen oder Tempo machen und laufen lassen. Ich bin eher fürs Tempo und erreiche mit einem zusätzlichen Holeschlag etwas Überhöhe (klar – für Ranglistenregatten ein eher unorthodoxes Verhalten), aber hilfreich, wenn man die Boje noch nicht sehen kann. Außerdem hat sich ein Chiemseeungeheuer mit langen grünen Tentakeln an meiner Tempest festgesaugt und bremste mich aus. Die Tentakel stellten sich aber als BB-Schot des Gennackers heraus, die wohl beim Schlepp unters Boot geraten ist und sich um das Ruder gewickelt hat. Peinlich, sollte eigentlich nicht passieren. Ohne Gennacker wurde ich nach der Seebruck-Boje auf dem Weg ins Ziel gnadenlos nach hinten durchgereicht.
Kurz vor dem Ziel gab‘s dann noch einen durchgekenterten Katamaran zu bestaunen, die Wasserwacht war bereits helfend vor Ort. Vielleicht der Anlass, mal an eine kleine Spende für die WW zu denken – als Versicherung quasi, denn jeder Segler hofft ja, sie nie zu brauchen.
Nach zwei Regattatagen darf man die Ergebnisse des Blauen Bands noch nicht überbewerten: Allerdings finden sich die „üblichen Verdächtigen“ wieder ganz vorne, wo sie immer zu finden sind. Weit nach vorne segelte Schmid Hinz mit Agathon, neuerdings auf einer Soling.
Am kommenden Samstag (3.7.) geht es bei der Hafen Trophy in Seebruck wieder um ein Blaues Band für das schnellste Boot nach gesegelter Zeit: Hoffentlich flattert auch diesmal das Blaue Band durch die Lüfte und hängt nicht schlaff am Mast. Meldung für diese Regatta wie üblich bei Manage 2 Sail; Abholung der Bugnummern ist im Clubhaus möglich – siehe Ausschreibung. Leider gibt es dank Corona auch in Seebruck kein Rahmen- und Abendprogramm.
Das Stichwort Corona bringt mich zu einem Thema, das wohl die meisten Crews bei der Chiemseemeisterschaft bewegt, ärgert oder irritiert. Bei Corona habe zumindest ich schon seit langem den Überblick verloren, wer wann unter welchen Voraussetzungen wohin und wieder zurückdarf, ohne irgendwo vorher oder nachher in Quarantäne zu müssen. Den Lesern wird sicher noch mehr dazu einfallen.
Genauso geht‘s mir und zahlreichen anderen Teilnehmern der Chiemseemeisterschaft mit den Segelanweisungen, die unterschiedlicher und widersprüchlicher nicht sein können und mehr verwirren als Klarheit schaffen. Beispielsweise geht es um eindeutige Formulierungen, etwa beim Setzen von Spi und Gen: Einmal wird das erst nach dem Startsignal erlaubt, einmal aber erst nach dem Startsignal und Überqueren der Startlinie. Das sind zwei unterschiedlich interpretierbare Formulierungen, die im Zweifelsfall Anlass für einen Protest sein können. Ich könnte also nach dem Startsignal das Gen setzen, aber die Startlinie nicht überquert haben und in voller Fahrt von hinter am Pulk der Spi- und Gennaker setzenden Boote vorbeirauschen.
Als ob es Corona nicht gäbe, werden Meldungen auf den „letzten Drücker“ noch am Wettfahrttag gegen Barzahlung ermöglicht. Warum ist es denn nicht möglich, den Online-Meldeschluss und die Online-Zahlung als fixen Termin ohne Ausnahmen auf den Vortag (meist Freitag bei der Chiemseemeisterschaft – um nichts anderes geht es hier) der Regatta zu verlegen? Der YCU hat vorgemacht, dass das geht. Wenn ein Segler zu einer rechtzeitigen Meldung nicht in der Lage ist, sollte der zuständige Verein hart genug bleiben und nicht mit vermeintlich „gnädigen“ Ausnahmen oder falscher Rücksichtnahme alles beim Alten lassen. Die Frage ist für mich auch, ob sich die Vereine mit dem (für mich) eher laschen Umgang mit den Hygienekonzepten einen Gefallen tun. Geht was schief, ist das Gschroa groß.
Es wird wohl ein langdauernder Prozess werden, bis sich sieben (!) Vereine auf gemeinsame Segelanweisungen für die Chiemseemeisterschaft einigen können; nur um diese geht es hier.
Ich will diesen Bericht mit einem Ausflug ins Alte Rom beschließen. Keine Angst, das wird keine wissenschaftliche Arbeit, die verwendeten Zitate sind Allgemeingut. Rom also: Da gab es den Senator Marcus Porcius Cato (um 200 v.C.), der jede seiner Reden mit den Satz „Im Übrigen bin ich der Meinung, Carthago müsse zerstört werden“ (für die Lateiner: Ceterum autem censeo Carthaginem esse delendam) Irgendwann hat‘s dann mit der Zerstörung geklappt.
Ich sehe mich jetzt in Catos Nachfolge, was die Segelanweisungen betrifft und werde das in jedem Bericht aufwärmen. Gibt‘s unter den Lesern vielleicht einen Lateiner, der mir meine Absicht prägnant von DE nach LAT übersetzen könnte?