Chiemseemeisterschaft die dritte – Hafentrophy 2019 und Blaues Band

Wie hatte ich doch im Avis für die Hafentrophy 2019 so richtig geschrieben: Für die dritte Regatta zur Chiemseemeisterschaft könnten nach 2017 und 2018 aller guten Dinge drei werden, was den Wind betrifft. Den Konjunktiv „könnten“ vergessen wir mal, ich habe recht behalten, eh kloar.
Beim Einkranen und Herrichten sah aber alles nach einer Flautenschieberei mit eingebauter Hitzeschlacht aus. Sonnenmilch statt Segelhandschuh. Bei Weißwurstfrühstück und Weißbier konnte man prächtig darüber diskutieren, ob denn (streichel-streichel) Windfinder mit seinen angekündigten 17 Knoten (5 Bft) Wind Recht behalten würde oder der gesunde Menschenverstand beim Blick auf den weiß-blauen Himmel.
Bei der Steuermannsbesprechung wie immer ein gelegentliches Aufmerksamkeitsdefizit (wie war das 5 oder 6 Minuten – grün-rot-rechts-linksrum?) Schließlich entließen Hans Fenzl und der Seebruck-Seeoner Bürgermeister (die Gemeinde ist Mitsponsor) die Segler zu ihren 117 gemeldeten Booten, die zum Teil vor dem Clubhaus auf Reede lagen und via Shuttle befraut und bemannt wurden.

Das übliche Einsegeln vor der Regatta unterblieb oder war mühsam: Ein lauer (weil warm) oder mauer (weil schwach) Südostwind mühte sich über die Chieminger Bucht und schaffte es gerade so bis zur Startlinie, wo knapp 120 Boote um die vermeintlich besten Startpositionen rangelten. So ganz zutreffend schien also meine Windprognose (s.o.) nicht, optimistische Vorhersagen sehen anders aus. Rund 75% der Skipper wählten den windgerechten östlichen Kurs zur Leetonne, die restlichen in der Nähe des Startbootes hatten vielleicht in den letzten Minuten vor dem Start gesehen, dass in der Seebrucker Bucht ein kleines Windfeld aus W dort einige Boote (keine Teilnehmer) flott bewegte. Bis sich dieser Wind aber durchsetzte, war das Feld schon gestartet. Profitieren konnten zunächst alle, die auf die Winddrehung gesetzt haben und den in Lee gestarteten Booten anfangs den Steven zeigen konnten. Die westlich orientierten Boote passierten tatsächlich als erste die Leeboje vor der Achenmündung und machten sich auf den Weg zur Fraueninsel-Boje.

Aus einem „netten“ anfänglichen 2 er Wind war auf der Kreuz mittlerweile ein 3-4 er Wind mit bis zu 6 er Böen geworden, die dem Genußsegeln den Garaus machten. So manch schlampig gerollter Gennaker flatterte und knatterte und riß schließlich. Nach der Regatta gab es dem Vernehmen nach sogar einen „Kanonenschuߓ: Zwei Yachten konnten sich wohl über Vorfahrtsregeln nicht einigen oder haben sich nicht rechtzeitig gesehen und suchten in voller Fahrt den direkten Kontakt.

Auf dem Kreuzkurs zollten einige Teilnehmer (so wie ich) den heftigen Böen Tribut und wurden nach hinten durchgereicht. Bestaunt und bewundert wurden wir Segler auf der Kreuz aber vom Zuschauerboot (?) Barbara aus dem Hause Feßler; vielleicht wollte ja der Kapitän den Passagieren mal was Besonderes bieten und legte einen Zwischenstopp ein.
Allerdings kam nach der Arbeit (Kreuz) bei der Hafentrophy glücklicherweise das Vergnügen: Die Fast-Halbwindstrecke von der Fraueninsel ins Ziel war einfach GEIL (Pardon-war aber so). Bei mir standen 9.8 Knoten auf der GPS-Logge, im Schnitt waren es > 8 Knoten. In Böen abzufallen ist echt prickelnd! Und da sind wir wieder beim Spaß, den Regattasegeln machen kann und soll.

Freiwillig wäre niemand bei diesem Wind einhand unterwegs gewesen oder gar wie Klaus Marquardt mit einem gaffelgetakelten Oldtimer, der fast so lang (5,4 m) wie breit (2.5 m) ist und einen Wendewinkel von geschätzten 179° hat. (nach dem Motto: Gentlemen kreuzen nicht)
Trotz der fordernden Bedingungen erreichten 115 Boote das Ziel, es gab nur zwei DNF (Bartel mit First Class und Daxenberger Maxi – Grund momentan nicht bekannt) Die letzte seglerische Herausforderung war das Erreichen des Kranbeckens gegen den heftig schralenden Wind; da können die Shuttle-Boote als Schlepper sehr hilfreich sein.
Die Gesamtwertung der Chiemseemeisterschaft 1-3 findet Ihr hier. So manchen der „üblichen Verdächtigen“ sucht man auf den vorderen Plätzen derzeit noch vergebens, dafür hat sich Nicole Knauer (YCGollenshausen) heimlich, still und leise aber beharrlich mit ihrer Buenas Dyas auf den 18. Platz vorgearbeitet. „Unseren“ Hannes Bandtlow mit Crew auf der 5,5 m finden wir trotz eines 1. Platz bei den Cuppern der Hafentrophy in der Gesamtwertung der Chiemseemeisterschaft momentan auf dem ungewohnten 47. Platz; dies ist der zusätzlichen Teilnahme mit der Lady Luv an der „Classics im Touring“ – Serie und den resultierenden Terminüberschneidungen geschuldet.
Die Streicher werden noch zu einigen Verschiebungen führen. Nach dem 4. Lauf von sieben zur Chiemseemeisterschaft am 13. Juli beim SCPC in Prien werden wir etwas klarer sehen; für besseren Durchblick und nach-oben-klettern unbedingt über manage2sail zur Sommerregatta anmelden!
Eigentlich ist mit der Überquerung der Ziellinie die Regatta zu Ende, zumindest das seglerische. Aber da war doch noch was: Medizinisch heißt das Exsikkose, bedeutet Flüssigkeitsverlust bei verminderter Zufuhr; zum Trinken war bei diesen Bedingungen unterwegs kaum Zeit. Spätestens nach dem Abtakeln wird dieser Zustand fast lebensbedrohlich! Gut, dass der Veranstalter dieses medizinische Notfallszenario vorausgesehen hat und als Basismedikation Freibier, Radler, Limo und Brezeln als Volumenersatz und osmotischen Druckausgleich (Salz!) bereitstellte. Heftigster Zuspruch bewies die Notwendigkeit dieser rettenden Maßnahme!

Die ermatteten Segler besetzten Bänke, okkupierten die Terrasse der Hafenwirtin und führten den ausgemergelten Körpern feste Nahrung zu. Die Live-Band sorgte für beste Stimmung und mit dem Dauerhit „Ein Prosit, ein Prohosit“ mahnte die Band, die medizinischen Aspekte (s.o.) nicht zu vernachlässigen.
Ob die Band gelegentlich mit Freibier ihrerseits einem Flüssigkeitsmangel vorbeugte, sei diskret verschwiegen, hätten wir dann doch neben dem Blauen Band des SRV auch noch eine Blaue Band gehabt und die scheidende Hafenwirtin Rosi Lex hat zur Erinnerung ebenfalls ein meterlanges Blaues Band aus Spi-Tuch mit den Unterschriften der Teilnehmer erhalten. Verwirrend nach viel Freibiergenuß.
Irgendwann ließ sich die Siegerehrung nicht mehr länger hinausschieben: Das Ziel der Begierde bei der Hafentrophy ist das Blaue Band von Seebruck. Gewonnen hat es in diesem Jahr Florian Meier auf seinem C-Class Cat; mit einer Segelzeit 1:29:28 war er am schnellsten unterwegs.
Die Bestplatzierten der Wertungsgruppen bekamen kunstvoll handgefertigten Punktpreise aus Glas, alle im zweiten und dritten Drittel platzierten Teilnehmer erhielten die Hafen-Trophy-Sammeltasse 2019 mit sondergefertigten Pralinen zur HT dazu.
Trotz Sturmwarnung und drohender Wolken über den Bergen blieb es bis gegen 23:00 Uhr ein warmer und trockener, und -wie es sich für Segler gehört- windiger Sommerabend, an den wir uns gerne erinnern.
Ein herzliches Dankeschön geht an alle Helferinnen und Helfer an Land und auf dem Wasser, ohne die so eine Regatta nicht zu organisieren ist, egal ob im Meldebüro, bei der Auswertung oder als Schiedsrichter und Fahrer der Sicherungsboote oder Shuttleboote.
Ein Dankeschön auch der Hafenwirtin Rosi Lex, die im November in den Ruhestand gehen wird und den SRV bei 18 Hafentrophys begleitet hat.

Fotos zur HT zu Wasser und zu Land: https://action-picture-service.de/seebrucker-hafentrophy-2019-2