Chiemseemeisterschaft – die vorletzte und alles noch offen

Eigentlich begann der Regattatag ganz vielversprechend: Auf dem Schlepp zur Fraueninsel machte ein leichter SO-Wind (3 – 4 kts) Hoffnung auf eine „normale“ Regatta ohne Hammerböen und Kollisionen, aber auf die mögliche Entscheidung, wer sich schon vorzeitig Chiemseemeister nennen darf.
Aber wie so oft verabschiedete sich zwischen Gstadt und der Insel dieses bisserl Wind und bei der Suche nach einem Liege- oder Ankerplatz war Paddeln angesagt. Per Shuttle ging‘s dann an Land – Weißwurstfrühstück oder Kaffee und Kuchen (SEHR lecker!) waren geboten; Weißwürste standen sogar ausreichend (!!) zur Verfügung, weil von Charly in weiser Voraussicht 100 Paar nachgeordert worden sind.
Nach der Steuermannsbesprechung durften wir wieder aufs Boot; wer von den motorlosen Seglern Glück hatte, wurde von einem netten Kollegen ins windlose Startgebiet geschleppt. Dort war eben: Kein Wind, von wegen Start um 11:00 !

Viel Zeit also für Charakterstudien: Die einen streicheln unablässig ihr Smartphone und freuen sich über die angezeigten 4 5-6 oder gar 7 Knoten Wind, je nach Quelle Jörg K. und Wind F.. Lügenpresse oder Lügenweb, Fake-Wind eben!
Andere telefonieren hektisch: Ist dort der Flughafen Salzburg?  war zu hören. Wobei sich mir der Sinn dahinter nicht erschließt. Will er nach dem Wetter fragen oder seinen Flug canceln, weil er nicht rechtzeitig am Flughafen sein wird? Oder ordert er ein paar Turbinen, um richtig Wind zu machen?
Bei Föhnlage (siehe Foto – beim Weg zum Start) ist eh alles anders: In Salzburg bläst der Südwind, in Rosenheim auch, aus dem Achental kommt nix, allenfalls aus dem Priental. Die Ballonfahrer haben wohl verlässlichere Quellen und waren schon am Vormittag zahlreich unterwegs. Also merke Dir als Segler:
Siehst Du Ballons am Himmel steh‘n
kannst Du getrost nach Hause geh‘n


Auch die Wettfahrtleitung war fleißig am Telefonieren und den Geduldigen bestraft (ganz am Ende der Regatta, wie sich zeigen wird) das Leben: Weit, weit weg, am Rasthaus, zog ein einsames Boot mit geblähtem roten Spi seine Bahn. Vielleicht setzt sich ja dieser Wind doch durch und wir können zumindest mal starten?
Tatsächlich schickte die Wettfahrtleitung nach einigen (sieben!) akademischen Viertelstündchen Verspätung (Bekommen wir Segler dafür keine Entschädigung? Sollte das der ominöse Anruf in Salzburg klären?) bei einem 2er Wind die Meute auf den Kurs: Klassische zwei Runden up-and-down. Wobei einige Skipper bei der Steuermannsbesprechung wieder mal nicht aufgepasst haben und Luv- und Ablauftonne als Gate interpretierten. Manche haben‘s rechtzeitig gemerkt und sind nochmal zurück.
Auf dem Weg zur Leetonne zog sich das Feld weit auseinander, beim Runden der Leeboje bildete sich vor mir ein raum-schreiender Pulk aus 8 oder 10 Booten, der so mit sich selber beschäftigt war, dass nachfolgende Boote die Boje bequem ganz innen runden konnten.
Auf dem anschließenden Kreuzkurs konnte man durch Wenden oder nicht Wenden bei Winddrehern einiges an Strecke gut (oder eben schlecht) machen. Die zweite Vorwindstrecke ließ nichts Gutes ahnen: Der Wind war nicht mehr das, was er anfangs war und schließlich verabschiedete er sich ganz. Pustekuchen. Und so wurde die Zielkreuz und das Erreichen der Ziellinie eine Quälerei: bei mir 45 Minuten für die letzten 100 Meter.
Großen Respekt verdient die Leistung von Stephan Lindner mit seiner N-10er Rennjolle, der bis zum Ende durchgehalten hat und eine Auszeichnung als „last ship home“ verdient hätte.


Solche Sorgen haben die „üblichen Verdächtigen“ nicht, dafür andere: Beim Drei-Buchten-Törn wird es ein Herzschlagfinale geben, also Kreislauftropfen, Baldrian oder Klosterlikör oder alles mitnehmen!
Beim abendlichen Grillfest des WVF (siehe Foto am Schluß)  war das Finale natürlich das große Thema: Komfortabel ist die Situation für keinen auf den drei vorderen Plätzen.
Zum ersten Mal findet sich Peter Wernsdörfer (Platz 2) von zwei J 80 (Klaus Schreil auf Platz 1,  Team 1493 der DHH auf 3) eingerahmt. Es ist eine Rechnung mit vielen Wenn und Aber, welche Platzierung beim 3-Buchten-Törn wen auf den ersten Platz hievt: Peter hat einen 3. Platz als Streicher (andere wären froh darüber) und müsste dann in Breitbrunn mindestens … und Klaus müsste dann … und dann müsste zugleich …  und vielleicht kommt alles ganz anders oder auch nicht.
Ich finde, dieses Finale hat was hitchcockmäßiges. Da könnte sich die Fußballbundesliga gleich mehrere Scheiben abschneiden.
Links unterhalb des Kirchturms strahlt hell das Vereinsheim des WVF beim Grillfest.

Vielen Dank an all die fleißigen Helferinnen und Helfer im Hintergrund – und aus meiner persönlichen Sicht speziell den Kuchenbäckerinnen !