Gummistiefel statt Sonnencreme – die Sommerregatta des SCPC
Halbzeit der Chiemseemeisterschaft – bei der Sommerregatta des SCPC können die Skipper endgültig die Weichen stellen, ob sie weiter vorne mitsegeln oder weiter nach vorne kommen wollen.
Doch vor dem Start kommt der Schlepp vom Heimathafen nach Prien und nochmal vorher das Studium des Wetterberichts. Und der verhieß wirklich nichts Gutes: Viel, sehr viel Wind und viel Regen, also kein sommerliches Ambiente für eine Sommerregatta. Eher hatten wir bei der Abfahrt aus Seebruck herbstliche Gefühle.
Grüner See mit vereinzelten Schaumkrönchen, kein Horizont zu sehen; hoffentlich landen wir nicht versehentlich in Kiel. Na ja, da hätten wir zwischenzeitlich sicher mal tanken müssen. In der Seebrucker Bucht stand bereits eine Welle, die bis nach Gstadt die Besatzungen gründlich wachduschte, dann war‘s mit der Welle vorbei. Wenigstens war des Seewasser wohltemperiert, warmduschen sozusagen.
In Gstadt konnten wir dann sehen, dass wir tatsächlich noch auf dem Chiemsee unterwegs waren, und dass wir offenbar zu den wenigen echten Seglern gehören, die nach einer durchregneten Nacht und greislichem Wetter trotzdem aufs Wasser gehen. Klar, natürlich nicht gehen, sagt man halt so.
An der Kreuzkapelle begrüßten uns heftige Böen und dunkle Wolken versuchten, uns vom Start abzuhalten. Aber wir waren nun schon mal da und wollten nicht zu den zahlreichen DNCs gehören, die das Starterfeld reduzierten (81 Meldungen – letztendlich kamen 65 Boote heil ins Ziel).
Vor dem Segeln war Stärkung angesagt, bei dem erwarteten Wind gab‘s keine Chance für Brotzeit unterwegs. Das reichhaltige Frühstücksbüffet lieferte alles, um die Glucosespeicher auf schmackhafte Art aufzufüllen – Dank an die fleißigen Helfer an den Tischen!
Rechtzeitig zur Steuermannsbesprechung kam kurz die Sonne raus, so nach dem Motto: Ätsch, ich kann auch anders – wärt ihr nur mal brav gewesen. Und schickte zum Start wie zu erwarten gleich wieder dunkle Wolken und zum vorübergehenden Aufatmen etwas weniger Wind hinterher.
Der Kurs war klar: Nach dem Start Ablauftonne bei den Harraser Kanuten, dann direkt nach Feldwies, die nächste BB-Tonne war gut verankert und konnte nicht vertreiben (die Fraueninsel), von dort ging‘s zurück Richtung Rasthaus und von da nach Prien zum Zieleinlauf.
Das liest sich jetzt im Trockenen sitzend alles so einfach, aber aus dem bequemen 2er-Wind beim Start wurde schnell ein flotter 3er. (gemeint ist WIND! – für Anderes wäre echt keine Zeit und Hand frei gewesen) Unter Spi rauschten die Boote durch die Wellen, herrliches Segeln minutenlang. Doch aus dem 3er wurde schnell ein 4er, in Böen noch mehr: Wer in der Segelschule nicht aufgepaßt und bei diesem Wind die Spi-Leeschot dauerhaft belegt hat, stand plötzlich mit bedrohlicher Schieflage und Ruder in der Luft quer. Panikattacken allüberall! Also nachsitzen und darüber nachdenken, warum das so sein muß!
Der stürmische Wind auf der Fast-Raumschotstrecke bis Feldwies forderte seinen Tribut: Hannes Bandtlow mit seiner 5.5m LadyLuv verlor den Mast, von diversen Spis blieben nur Fetzen, Kenterungen zeugten von den heftigen Böen. Für mich war diese Strecke zur Boje vor Feldwies ein fulminanter (um nicht immer geil zu sagen) aber stressiger 13-Knoten-Ritt mit fast durchgehendem Gleiten auf der immer höher werdenden Welle. So was hat man am Chiemsee nicht oft! Nach den ersten Wenden auf dem Kreuzkurs war‘s mir -weil Einhand unterwegs- dann doch zuviel. Also DNF.
Nach der Feldwies-Boje ging das Feld zunächst gegen eine mittlerweile beachtliche Welle auf die Kreuz zur Fraueninsel. Max Froehlich auf seiner Tempest erreichte schließlich nach berechneter Zeit das Ziel sogar noch vor Peter Wernsdörfer. Eine Superleistung für beide Mannschaften, weil auf der Kreuz gegenan vergleichsweise leichte Boote (zumindest bis zur Fraueninsel) von den Wellen ständig ausgebremst werden.
Robert Kolbinger (Joker) lieferte sich mit Rainer Badent (Farr) ein ganz enges Rennen – erstaunlich bei diesen Bedingungen: Joker gesegelt 01:50:38 / Farr gesegelt 01:50:04 – Joker ber. 02:00:15 / Farr berechnet 02:00:57. Nach 02:12 Stunden kamen innerhalb 30 Sekunden fünf Boote ins Ziel (Buchner-Eisheuer-Mutard-Roeschli-Löbelenz) Chiemseesegler können also auch richtig segeln und nicht nur Flautenschieben! Interessehalber habe ich mal den Zieleinlauf nach gesegelter Zeit rückgerechnet, da sieht man, wie eng die Boote zeitweise beinander lagen.
Nach dem vierten Lauf zur Chiemseemeisterschaft ist zur „Halbzeit“ der Serie die Reihenfolge in der Gesamtwertung unübersichtlich. Die ersten zehn Plätze liegen gerade mal zehn Punkte auseinander, Wernsdörfer liegt momentan auf dem ungewohnten 33. Platz – einer DNC-Wertung geschuldet. Mit einem Streicher spielt er wieder vorne mit, aber von den Konkurrenten hat derzeit keiner eine typische Streichwertung.
Jetzt haben wir bis zur Feldwieser Langstrecke drei Wochen Zeit, Wunden zu lecken und beim Segelmacher Spis reparieren zu lassen oder neue zu bestellen.
Windmäßig dürfen wir trotz einiger Übertreibungen in diesem Regattajahr SEHR zufrieden sein; hoffen wir, dass uns Feldwies nicht wie im letzten Jahr mit Flaute und anschließenden Gewittersturm beglückt.
Eine Anmerkung noch: Lautsprecherdurchsagen von Telefonnummern sind akustisch oft schwer zu verstehen. Warum also nicht wichtige Telefonnummern (Wettfahrtleitung usw) auf den Kursplan drucken? Den sollte ja jeder dabei haben. Wenn nicht, isser selber schuld und muß die Buschtrommel oder Rauchzeichen rausholen.