Chiemseemeisterschaft die erste – beim YCU

Den Monat Mai mit den unterschiedlichsten Wetterbedingungen vergessen wir (seglerische Sicht) besser. Wind gab‘s zwar immer wieder mal, auch reichlich: beim Training kam einen Regattateilnehmerin bei viel Wind der Mast von oben, Deck gebrochen und wirtschaftlicher Totalschaden. So gesehen geht man mit den dauerverregneten Tagen gelassener um. Da heißt es „nur“ Land und auch Stege unter und genau schauen, wo man anlegen kann. Gummistiefel waren gefragt.

Die Frage ist nur: Beginnt Anfang Juni übergangslos der Herbst, wie vereinzelte morgendliche  Nebelschwaden vermuten ließen oder wird der Wetterfrosch mit seinem 25°C – Gequaake Recht behalten? Und können wir uns auf den Windfinder verlassen, der uns für den Samstag einen passablen, entspannten Segelwind (um 5 kts) verspricht? Antworten auf diese rhetorischen Fragen: einmal nein, einmal ja und nochmal nein. Denn: Was des Ballonfahrers Freud‘ (wenig Wind) ist des
Seglers Leid: die zahlreichen Heißluftballons am westlichen, strahlend blauen Morgenhimmel standen für Hochdrucklage und versprachen alles andere als konstanten Segelwind. So träumt man sich beim Schlepp den Fahrtwind in einen angenehmen Segelwind bei der Regatta um, schöner Selbstbetrug.

Bei der Stippelwerft waren die Stege unter, beim YCU nicht, das bedeutete dort festmachen in dicken Paketen, das dauert mit fendern und vertäuen, auch wegen acht oder zehn mal beim Hin- und Rückweg das obligatorische „Bitte an Bord kommen zu dürfen…“. Oder alternativ Anker werfen und sich ganz nobel per Shuttle ans Ufer schippern lassen. Irgendwie haben es dann alle 65 Mann- und Frauenschaften doch noch rechtzeitig zum reichhaltigen Frühstücksbüffet (Dank an die fleißige Truppe des YCU) und zur Steuermannsbesprechung geschafft; die „neuen“ Geschlechter lass‘ ich hier mal weg – hieße das evt. Gender-schaften?? Ich hoffe, es beschwert sich niemand deswegen, denn dann müssten die Vereine zusätzliche „Häuschen“ einrichten.

Nach der Besprechung hektischer Aufbruch, es mussten ja die neuen Nummern für 2019 aufgeklebt werden; dankenswerterweise mit einem weniger problematischen Klebstoff. Das Ablösen der alten Nummern war ein rechtes Gfrett und wegen Aceton&Co alles andere als umweltfreundlich. Auf der Fahrt zur Startlinie weckte eine leichte Brise aus NO Hoffnungen, Windfinder könnte vielleicht Recht behalten. War aber nix, kurz nach dem Start nahm der NO-Wind eine längere Verschnaufpause und das Feld dümpelte zwischen Südwestspitze Hereninsel und Harras. Überraschend kam dann ein laues Lüfterl aus SW; bis das aber die Boote erreichte, die an der Insel festhingen, war in Luv das große Feld vorbei. Aber dann kam -ausgleichende Gerechtigkeit- von Osten ein recht konstanter Nordostwind auf, der unmittelbar an der Insel stärker war als entlang der Autobahn.

Das hieß für die zunächst Unglücklichen an der Insel mit kurzen Schlägen kreuzen, bis man die Luvtonne an der Achenmündung direkt anliegen konnte. Von dort ging‘s Kurs 150° zur Boje vor Gollenshausen: Aber da war doch was, da war doch was – ein déjà-vu in Form einer Bahnmarke! Gleiches passierte schon mal mit einer fremden Boje vor der Achenmündung, die fälschlicherweise für die Chiemseemeisterschaft-Leetonne gehalten wurde. Aktuell lag die „falsche“
Wendemarke etwa 2 km vom Ufer entfernt, sie gehörte zu einem anderen Wettbewerb und paßte auch nicht zur Kurs-Skizze. Beim unserem SRV-Schlepp am Morgen lag sie noch nicht da, wir hätten drüberfahren müssen. Ärgerlich ist das schon, weil einige Telílnehmer dem Vernehmen nach die falsche Boje als Marke nahmen und von der WL „zurückgepfiffen“ wurden.

Nach dem Runden der richtigen Marke durften wir im Windwartesaal Richtung Prien Platz nehmen und auf den Wind
warten, das Procedere ist ja von der DB bekannt: Sie fährt immer, die Frage ist, wann. Jetzt schon manch sorgenvoller Blick auf die Uhr: schaffen wir‘s rechtzeitig über die Ziellinie? Die Crews vertrieben sich die Zeit mit Spi-Training (auf-ab-schiften), so richtig vorwärts kam aber keiner. Schließlich erwachte Rasmus aus seinem Mittagsschlaf und füllte die Spis mit eimem
leichten Nordost. Dass so die vermeintlich weit Abgeschlagenen vor Gstadt wieder mit den Führenden vereint wurden, ist nicht nur an diesem Tag chiemseetypisch. (siehe Foto ©Terra HD)

Der letzte Streckenabschnitt bis ins Ziel war angenehm zu segeln, aber durch Linienverkehr und wild kreuzende Freizeitkapitäne recht stressig. Den Fessler-Kapitänen sei an dieser Stelle ausdrücklich dafür gedankt, dass sie mehrmals Fahrt aus den Dampfern genommen haben und speziell vor Gstadt nicht mitten durchs Regattafeld (alle unter Spi) gepflügt sind. Die Schaukelei danach war schlimm genug.

Von den 65 gestarteten Booten schafften es immerhin 53 rechtzeitig über die Ziellinie. Für die meisten der „üblichen Verdächtigen“ die wir sonst in den Ergebnislisten ganz vorne finden, wird diese erste Wettfahrt der Serie (soweit sie überhaupt angetreten sind), der erste Streicher. Nicht so für das Team Bandtlow vom SRV (Bandtlow-Pöschl-Wachs) auf dem 2. Platz (Wertung nach Zeit manage2sail) bzw 3. Platz (Rangpunkte nach Chiemseemeisterschaft). Eine optimale Basis für die
CM-Gesamtwertung!

Wie so oft am Chiemsee kam zum Regattaende ein angenehmer NO-Wind auf, der zum Heimsegeln verführte. Leider stellte er dann bei Gstadt die Arbeit ein und man war dankbar für den Schlepp nach Seebruck. Bei der Abendveranstaltung und Siegerehrung gab‘s ausreichend Gelegenheit, Pech und Glück bei der Kurswahl zu bereden und ganz allgemein die philosophische Frage zu stellen, warum man sich „sowas“ eigentlich immer wieder antut. Chiemseesegler müssen wohl eine masochistische Ader haben.

In diesem Sinne bis zum nächsten Mal: Auf Wiedersehen am 22. Juni beim Blauen Band des CYC!